Was Ihre Augen Ihrem Augenarzt über Ihre Herzgesundheit verraten
Wie Augen ernste Herzprobleme aufdecken können
Ihr Augenarzt kann Ihnen helfen, Ihr Herz "im Auge zu behalten". Denn Risikofaktoren für Herzkrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und ein hoher Cholesterinspiegel können bei einer umfassenden Augenuntersuchung frühzeitig erkannt werden. Ihr Augenarzt kann sogar der erste sein, der erkennt, ob Sie ein Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall haben.
Bestimmte Marker in den Arterien und Venen der Netzhaut können Augenärzten wichtige Hinweise darauf geben, was in den kleinen Blutgefäßen des Gehirns und des Herzens vor sich geht.
Augenerkrankungen, die eine Blockierung, Verengung und Verhärtung von Arterien erkennen lassen
Durch den Alterungsprozess oder aufgrund anderer Risikofaktoren können sich die Arterien verengen, verhärten und mit Ablagerungen, der so genannten „Plaque“, verstopfen. Dies ist als Atherosklerose bekannt. Sie kann die Blutgefäße des Herzens, des Gehirns und des gesamten Körpers betreffen und somit auch die kleinen Arterien, die die Netzhaut und den Sehnerv des Auges mit Blut versorgen.
Kleine Stücke von Cholesterinplaque können von der Halsschlagader – einem großen Blutgefäß, das von der Aorta (vom Herzen) abzweigt und das Gehirn und die Augen mit Blut versorgt – abreißen. Diese Plaque-Ablagerungen können dann bis zu den Arterien des Auges vordringen und bei einer Augenuntersuchung mit erweiterter Pupille sichtbar werden.
Wenn diese Plaquestücke das Gehirn erreichen, können sie einen Schlaganfall verursachen. Hat Ihr Augenarzt Plaque-Ablagerungen entdeckt, wird er Sie zu Ihrem Hausarzt schicken oder zu einer bildgebenden Untersuchung.
Zu den Augenerkrankungen, die eine Blockierung, Verengung und Verhärtung von Arterien erkennen lassen gehören:
Amaurosis fugax
Amaurosis fugax kann durch eine Blockierung der inneren Halsschlagader entstehen. Es handelt sich um einen vorübergehenden Verlust der Sehkraft auf einem Auge, der bis zu 30 Minuten andauern kann. Dies warnt vor einem möglichen Schlaganfall.
Retinaler Zentralarterienverschluss
Die häufigste Ursache für einen retinalen Verschluss der Zentralarterie ist eine Embolie, d. h. die Blockierung einer Arterie durch ein zirkulierendes Blutgerinnsel. Eine Embolie kann vom Herzen oder von einem Blutgefäß ausgehen und sich im Auge festsetzen. Dies lässt sich während einer Augenuntersuchung feststellen.
Die drei häufigsten Arten von Verstopfungen sind auf Cholesterin und Kalzium (aus den Halsschlagadern, die das Blut vom Herzen zum Gehirn leiten) sowie auf Blutgerinnsel in den Herzklappen zurückzuführen. Ihr Augenarzt kann sie als weiße oder orangefarbene Blockierungen in den Blutgefäßen Ihres Auges erkennen.
Ein retinaler Verschluss der Zentralarterie wird manchmal auch als „Schlaganfall der Augen“ bezeichnet und kann zu einem plötzlichen, schmerzlosen Verlust der Sehkraft oder Sehproblemen führen.
Eine Studie aus dem Jahr 2015 ergab, dass bei 78 % aller Patienten mit einem retinalen Verschluss der Zentralarterie zuvor nicht diagnostizierte vaskuläre (die Blutgefäße betreffende) Risikofaktoren gefunden wurden. Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass es nach einem retinalen Verschluss der Zentralarterie ein erhöhtes Risiko für ein vaskuläres Ereignis (wie etwa Schlaganfall) innerhalb eines Monats gibt.
Retinaler Venenverschluss
Eine andere Art von „Schlaganfall der Augen“, ein retinaler Venenverschluss (RVO, Retinal Vein Occlusion), kann auf hohe Cholesterinwerte und hohen Blutdruck hinweisen. Retinale Venenverschlüsse sind die Folge von Blutgerinnseln, verengten Blutgefäßen oder versteiften Arterien, die die Venen an den Kreuzungspunkten zusammendrücken.
Ein plötzlicher oder allmählicher Sehverlust und teilweises oder komplettes verschwommenes Sehen können die Folge sein. Ein Augenarzt kann arterio-venöse Kreuzungszeichen – oder die Verengung der Vene – an der Stelle erkennen, an der eine Arterie eine Vene überquert.
Eine Studie des südkoreanischen National Health Insurance Service aus dem Jahr 2016, in der über eine Million Menschen analysiert wurden, ergab, dass die Entwicklung eines retinalen Venenverschlusses mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko verbunden war.
Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2019 hatte weitere schlechte Nachrichten: Die Analyse von 15 Studien und fast einer halben Million Menschen ergab, dass Patienten mit RVO ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse haben und häufiger daran sterben.
Xanthelasmen
Ein mögliches Anzeichen für einen hohen Cholesterinspiegel sind gelbe Unebenheiten oder Erhebungen rund um die Augen und in der Nähe der Nase. Diese Ablagerungen namens Xanthelasmen haben sich aufgrund von zu viel Cholesterin unter der Haut angesammelt.
Sie wirken sich zwar nicht auf Ihr Sehen aus, können aber auf eine Herzkrankheit hinweisen. Fast die Hälfte aller Menschen mit Xanthelasmen hat einen hohen Cholesterinspiegel.
Arcus senilis / Corneal arcus
Diese Erkrankung wird durch fettige Substanzen und Cholesterin verursacht. Sie bilden einen hellgrauen oder blauen Ring um den Rand der Hornhaut.
Die Störung tritt häufig im mittleren oder höheren Alter auf und wird in dieser Altersgruppe „Arcus senilis“ genannt. Sie kann jedoch auch bei Kindern oder jungen Erwachsenen ein Indikator für einen hohen Cholesterinspiegel sein (dann wird sie als juveniler Corneal arcus bezeichnet).
Männer unter 40 Jahren, die an einem Corneal arcus leiden, haben ein erhöhtes Risiko, an einer koronaren oder kardiovaskulären Krankheit zu sterben.
Wenn ein Augenarzt bei einem Patienten, der jünger als 40 Jahre ist einen Corneal arcus feststellt, wird ein Cholesterin-Screening bei einem Hausarzt empfohlen.
Augenerkrankungen, die auf Hypertonie (Bluthochdruck) hinweisen
Es kommt häufig vor, dass der Blutdruck im Laufe des Tages steigt und fällt. Wenn der Blutdruck jedoch dauerhaft höher als normal ist, spricht man von Bluthochdruck.
Bei einer Augenuntersuchung mit erweiterter Pupille wird der Augenarzt Bluthochdruck vermuten, wenn er Folgendes feststellt:
Beschädigte Arterien in den Augen
Arterien in den Augen, die deutlich kleiner als die Venen sind oder Venen, die viel größer und aufgequollen sind
Zu den Augenerkrankungen, die auf möglichen Bluthochdruck hinweisen können gehören:
Hypertensive Optikusneuropathie
Veränderungen im Aussehen des Sehnervs, die durch Bluthochdruck verursacht werden, werden bei einer Untersuchung des Auges mit erweiterter Pupille sichtbar. Optikusneuropathie, eine Beschädigung des Sehnervs kann entstehen, wenn der Blutfluss zum Sehnerv blockiert ist. Da der Sehnerv Signale von der Netzhaut zum Gehirn leitet, kann eine Schädigung der Nervenfasern zu einem Verlust des Sehkraft führen.
Hypertensive Retinopathie
Chronischer Bluthochdruck kann zu physischen Veränderungen der Blutgefäße wie Verengungen, Zickzackbildung, Einkerbungen und Schwellungen führen. Diese Veränderungen sind bei einer Augenuntersuchung deutlich sichtbar. Bluthochdruck kann schließlich zu Blutungen im Auge, verschwommenem Sehen oder dem Verlust der Sehkraft führen.
Laut dem NIH (National Institutes of Health, Nationales Gesundheitsinstitut) gibt es ausreichend Belege dafür, dass die hypertensive Retinopathie ein Hinweis auf eine Erkrankung oder ein erhöhtes Sterberisiko aufgrund von Organschäden durch einen unkontrollierten Blutdruck sein kann.
Hypertensive Chorioretinopathie/Choroidopathie
Die Schädigung der Blutgefäße der Augen durch Bluthochdruck kann sie undicht werden lassen. Dadurch kann sich Flüssigkeit unter der Netzhaut ansammeln (Choroidopathie), was bei einer umfassenden Augenuntersuchung sichtbar wird. Die Folgen dieser Störung sind womöglich verzerrtes Sehen und Narbenbildung an der Netzhaut.
Ihr Augenarzt wird Ihnen empfehlen, mit einem Hausarzt über Bluthochdruck zu sprechen, wenn er diese Erkrankungen bei Ihrer Augenuntersuchung feststellt.
Herzerkrankungen
Gemäß der American Academy of Ophthalmology kann Ihr Augenarzt Herzerkrankungen bei der Untersuchung Ihrer Augen früher als je zuvor zu erkennen. Wenn man in Betracht zieht, dass Herzkrankheiten die häufigste Todesursache weltweit sind, kann eine frühzeitige Diagnose und Behandlung dazu beitragen, Todesfälle aufgrund von Herzinfarkten oder Schlaganfällen zu verringern.
Ein verminderter Blutfluss aufgrund einer Herzerkrankung kann sich in der Netzhaut manifestieren, die von der retinalen Zentralarterie ernährt wird. Wenn die Blutzufuhr zur Netzhaut blockiert oder reduziert ist, spricht man von einer „Ischämie“, die zum Absterben der Netzhautzellen führt.
Wenn eine Netzhautzelle abstirbt, hinterlässt sie eine Markierung auf der Netzhaut, die mit einer Technologie namens OCT-Scan (optische Kohärenztomographie) sichtbar gemacht werden kann. Durch das Zählen der Markierungen, die von abgestorbenen Netzhautzellen hinterlassen werden, können Augenärzte feststellen, ob eine Person ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hat.
Undichte Aortenherzklappe
Aortenregurgitation ist eine Erkrankung, die auftritt, wenn die Aortenklappe des Herzens nicht richtig schließt. Infolgedessen gibt es einen großen Unterschied zwischen dem systolischen (wenn das Herz schlägt) und dem diastolischen (wenn das Herz ruht) Blutdruck eines Menschen. Es ist zwar ein seltenes Phänomen, dennoch können sich die Pupillen im Takt des Herzschlags erweitern und zusammenziehen. Dies wird Landolfi‘s Zeichen genannt.
Kann Technologie Augenärzten bei der Beurteilung von Herzerkrankungs-Risiken helfen?
Im Jahr 2018 veröffentlichte Googles Gesundheitstechnologie-Zweig Verily eine Studie, die zeigte, dass ein Algorithmus die (aktuellen und früheren) Netzhaut-Scans eines Menschen nutzen kann, um ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorherzusagen.
Der Algorithmus ist so programmiert, dass er erkennt, bei welchen Patienten in den nächsten fünf Jahren ein kardiales Ereignis auftreten könnte. Die Genauigkeitsrate lag bei 70 %, ähnlich wie bei den derzeit verwendeten Bluttests. Der Vorteil ist, dass diese Risikobewertung während eines Termins in der Arztpraxis durchgeführt werden kann und man nicht auf die Ergebnisse aus dem Labor warten muss.
Die Rolle von Augenuntersuchungen bei der Erkennung von Augen- und Herzkrankheiten
Umfassende Augenuntersuchungen mit geweiteter Pupille spielen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung der Augen- und Herzgesundheit. Tatsächlich kann ein Augenarzt Marker für eine Herzerkrankung erkennen, bevor andere Symptome vorhanden sind. Eine umfassende Augenuntersuchung kann lebensbedrohliche Risikofaktoren für Herzerkrankungen erkennen und ein wichtiges Gespräch über Herzgesundheit anregen.
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Seite veröffentlicht in Mittwoch, 9. November 2022
Seite aktualisiert in Dienstag, 15. November 2022